#Negerkuss - Sprachpolizei im Einsatz
- Stand:
- 2021-04-24 02:26:32
- Kategorie:
- Politik
Um den täglichen Pulsbeschleunigern zu entkommen, habe ich ein paar Tage Sifftwitter und ähnliches ruhen lassen und ein wenig Zeit auf dem Lande verbracht. Kaum bin ich zurück, schon wirft mir Sifftwitter gleich wieder einen Trend um die Ohren, bei welchem ich mal wieder ein wenig Dampf ablassen muss. Also was ist passiert?
In einer ALDI-Filiale hört ein Mann, wie ein älterer Herr in einem Gespräch mit seinem (vermutlichen) Sohn das Wort "Negerkuss" verwendet, und das ganze scheinbar sogar mehr als einmal. Darauf beschließt dieser erste Mann, des Gespräch der beiden anderen zu unterbrechen und sie darüber "aufzuklären", warum man das Wort "Negerkuss" nicht mehr sagen....dürfe, solle, könne? Keine Ahnung was davon genau. Wichtig ist, die Situation eskalierte dahingehend, dass am Ende leere Kartons von Seiten des älteren Herren und seines (vermutlichen) Sohnes flogen und der andere Mann des Ladens verwiesen wurde, unter anderem wahrscheinlich weil er seine Maske irgendwann während der Auseinandersetzung abgenommen hatte. Ich verweise mal für nähere Infos auf den Twitterthread, unter welchem ich erstmalig auf den Vorfall aufmerksam wurde.
Was habe ich nun dazu zu sagen? Nunja, zum einen geht mir diese ganze Hysterie nun auf den Zeiger. Das ein solcher Nicht-Vorfall eine Welle der Empörung auslöst, zeigt, in welch katastrophalem Zustand sich die heutige Diskussionskultur befindet und wie stark die Spaltung in der Gesellschaft eigentlich ist. Wir reden hier davon, dass ein älterer Herr das Wort "Negerkuss" gesagt hat, und das Wort "Neger" ja ein böses Wort ist, was man ja nicht mehr sagt heutzutage. Warum eigentlich nicht? Weil sich ein paar Leute angegriffen fühlen dadurch. Weil das Wort "Neger" früher mal in einem negativem Kontext, mit beleidigender und möglicherweise auch rassistischer Intention genutzt wurde.
Das Wort Neger ("Neger (über französisch nègre und spanisch negro, „Schwarzer“, von lateinisch niger „schwarz“) ist ein im 17. Jahrhundert in die deutsche Sprache eingeführter Begriff, der auf eine dunkle Hautfarbe der damit Bezeichneten hinweist." - Wikipedia ) in seiner Ursprungsform war erst einmal nur ein Begriff für Personen mit dunkler Hautfarbe. An und für sich ist dieser Begriff also völlig unbedenklich. Könnte man meinen, nicht wahr? Wenn es nach Meinung der Sprachpolizisten....ähm ich meine der richtig guten Menschen gehen würde, wäre dieses Wort mittlerweile verboten, weil es ja früher mal beleidigend verwendet wurde und damit das Wort selbst böse ist.
Natürlich ist das Schwachsinn, ein Wort selbst für sich ist kein Problem und kann es auch nicht sein, es ist IMMER der Kontext und die Intention des aussprechenden wichtig und zu beachten. Ich verweise mal auf zwei kurze Videos hier und hier - welche die Thematik aufgreifen. Kontext und Intention sollte auch immer der Maßstab sein, an dem wir messen, wenn wir nicht in eine Doppelmoralschiene abdriften wollen. Das Problem ist folgendes: Unsere Freunde, die Sprachpolizei, ist der Ansicht, dass die "bösen" Wörter aufgrund ihrer früheren Verwendung IMMER böse sind und wer sie ausspricht, ist es dann, unabhängig von Kontext und Intention, natürlich auch. Der 78-Jährige Karl-Heinz (Person erfunden), der den Begriff Neger noch so gelernt hat und verwendet, mit Neger einfach nur eine Person dunkler Hautfarbe meint, und zwar so wertfrei wie möglich, ist auch eine böse, rassistische Person, weil er ja den Begriff verwendet. Der Begriff beschmutzt die Person, die ihn nutzt. Wie kommt man auf diese Gehirnverrenkung eigentlich? Ganz einfach, weil sich betroffene Personen angegriffen und beleidigt fühlen KÖNNTEN. Und dazu sage ich - Niemand hat ein Recht darauf, sich nicht angegriffen zu fühlen.
Es ist schlicht und ergreifend keine gute Idee, "Wortverbote" wie diese aufgrund der Gefühle der "Betroffenen" zu verhängen, und den Kontext und die Intention - ich kann es nicht oft genug wiederholen, weil es so wichtig ist - zu ignorieren. Wenn wir damit anfangen, darf am Ende gar nichts mehr gesagt werden, weil jeder sich durch alles angegriffen fühlen KÖNNTE. Wenn sich ein dunkelhäutiger Mann, wie im vorher beschriebenem Vorfall im ALDI, angegriffen fühlt, weil ein Rentner den Begriff Negerkuss verwendet, ohne, dass er mit diesem dunkelhäutigen Mann spricht, also der Kontext der Aussage nichts mit ihm zu tun hat und die Intention sehr wahrscheinlich an keiner Stelle beleidigend war, und daraufhin eine Empörungswelle losgetreten wird, in welcher der arme arme Betroffene verteidigt wird, dann will ich zukünftig aber die selbe Empörungswelle sehen, wenn man öffentlich als Kartoffel bezeichnet wird, und zwar mit eindeutig beleidigender Intention. Denn ansonsten beweist man wieder nur Doppelmoral.
Mir ist es natürlich grundsätzlich egal, ob man nun den Begriff Negerkuss oder Schokokuss verwendet, ob man nun Kartoffel oder Alman sagt oder einfach typisch deutsch, das sollte jeder für sich selbst entscheiden. Verwendet doch die Begriffe die ihre für sinnvoll erachtet und vermeidet Begriffe, die ihr nicht nutzen wollt, aber versucht nicht mir auf einer rein moralischen Ebene vorzuschreiben, welche Worte ich verwenden darf und welche nicht. Wer möchte, dass "Neger" nicht mehr gesagt wird, der sollte im Umkehrschluss auch den Begriff Alman vermeiden, da auch dieser in der deutschen Sprache in erster Linie als Beleidigung benutzt wird. Ansonsten könnte man sich vielleicht einfach mal darauf einigen, dass es der Kontext und die Intention ist, die entscheidend sind, ob ein Wort "böse" sein könnte oder nicht.